So, nach dem allgemeinen ‚Brainstorming’ resümiere ich mal unser spannendes, eurasisches Bilderrätsel.
Zum Aufnahmezeitpunkt:
Die „Dorado’ wurde Ende Januar 1935 als G-ACWD ins britische Zivilluftfahrtregister eingetragen. Wenn es sich auf dem Bild um eine deutsche Junkers Ju 52/3m handelt, ist die Aufnahme höchstwahrscheinlich vor Mitte September 1935 entstanden und zeigt keine Maschine in EURASIA-Diensten. Ich würde das Foto auf Februar bis September 1935 datieren.
Zum Aufnahmeort:
Die „Dorado“ ist zwar am 24. März 1936 mit Flugkapitän W. Armstrong am Steuer als erstes Passagierflugzeug auf einer neuen Zweigstrecke der London-Australien-Route ab Penang über Saigon und Tourane (= Da Nang) nach Hong Kong geflogen, aber die obige Aufnahme muss nicht nur früher, sondern auch woanders als in Kai Tak entstanden sein. Die
EURASIA bediente damals übrigens die Anschlussstrecke auf der chinesischen Inlandsroute über Kanton nach Peking.
Ich schließe mich sklopskoffs Zweifeln an: Hong Kong besteht aus Bergen und Wasser. Beides ist im Bildhintergrund nicht erkennbar. Die Ebene verliert sich in bewaldetem Flachland. Die Aufnahme kann irgendwo in Eurasien entstanden sein, aber sicherlich nicht in Hong Kong. Außerdem haben die alten Fotos von Kai Tak, die Bleiente verlinkt hat, eine andere Landeplatz-Topografie als unsere obige Aufnahme.
Wikipedia schrieb:
„Mit der de Havilland D.H.86 wurden [von Imperial Airways] ab 1935 weitere Strecken in Europa wie London-Brüssel-Köln-Prag-Budapest eröffnet. Von den insgesamt zweiundsechzig gebauten D.H.86 waren die meisten bei Kriegsausbruch in Europa im Einsatz.“
Die G-ACWD war allerdings auch im März 1940 wieder bzw. immer noch auf der ‚
Eastern Route’ der Imperial Airways unterwegs, denn zu dieser Zeit hatte sie in Udorn, Thailand, einen Flugunfall. Am Anfang ihrer Karriere bei der ‚Imperial Airways’ flog die ‚Dorado’ vermutlich zunächst in Europa, jedenfalls halte ich ihr Zusammentreffen mit der Ju 52 dort für am wahrscheinlichsten.
Die DH.86 ‚Express’ war ein hübscher Doppeldecker mit klassischer De-Havilland-Linienführung, allerdings war sie Mitte der 1930er Jahre technisch veraltet, und ihr zu klein dimensioniertes Seitenleitwerk machte sie schwer steuerbar und sorgte für einige tödliche Abstürze und temporäre Flugverbote dieses Typs im Liniendienst. Zur Verbesserung der Stabilität erhielt die spätere Version DH.86B kleine Endscheiben an den Höhenleitwerksspitzen.
Gruß
LAF
PS: Dieses Werbeplakat der Imperial Airways von 1935 zeigt eine DH.86 der Qantas Empire Airways, die VH-USC namens „R. M. A. Canberra“, die gemeinsam mit ihren fünf Schwesterflugzeugen zwischen 1934 und 1938 auf dem Teilstück der London-Australien-Route zwischen Singapur und Brisbane eingesetzt wurde, bis die Short-Empire-Flugboote sie ablösten. Im ersten Betriebsjahr gingen zwei DH.86 mit Mann und Maus auf der 6000 km langen Strecke verloren. Allein die Vorstellung, im bereits angebrochenen Zeitalter der Ganzmetallflugzeuge diese Entfernung über unerschlossener Wildnis in einem brennbaren Leichtbau aus Sperrholz und Stoff zurück zu legen, mutet schon abenteuerlich an. (Bildquelle: visoni.com)