Ohne die MiG-23 im ganzen (also als "Abfangkomplex", wie es die ursprüngliche Bezeichnung vom OEM
war) hier ausführlich einschätzen zu wollen noch einige kurze Anmerkunge von mir.
Die MiG-23 war aus ihrer Entwicklungs- und Einsatzgeschichte heraus ein sehr widersprüchliches Flugzeug (ausführlich siehe gerne auch die Reihe von Übersetzungen zur MiG-23, die ich hier mal eingestellt habe). Die frühen Versionen waren sicherlich Problemkinder und auch bei den sowjetischen Piloten war die Maschine wegen einiger kritischer Eigenschaften, aber auch wegen wohl nicht beherrschter neuer Fertigungstechnologien, nicht sehr beliebt - ein Ruf welcher der Maschine lange anhaftete, auch wenn so ab der ML/MLA die Lage besser wurde. Die schon im Laufe der Entwicklungsphase ständig steigenden Anforderungen seitens des Auftraggebers konnten so richtig erst mit der MLD erfüllt werden - da war die Aera MiG-23 (zumindest in der SU) allerdings schon durch. Für den Eigenbedarf gab es die MiG-29 und "nur" für den Export lohnte sich diese Linie eher nicht.
Noch kurz was zu dem Argument der "kastrierten" MiG-23 für den Export - da gab es riesige Unterschiede. So waren die MiG-23MF und auch die ML(MLA) für die WV Staaten nahezu identisch mit den sowjetischen Einsatzmustern (wesentlicher Unterschied war die Verwendung des alten Kennungssystems ausserhalb der SU). Somit dürften die USA erstmals nach 1990 mit den Maschinen aus ehemaligen NVA Beständen eine wirkliche Vergleichsmöglichkeit gehabt haben. "Traditionell" schlecht war auch bei der MiG-23 die Sicht des Piloten.
Zu einigen technischen Aspekten.
Die MiG-23 stellte für einen effektiven Einsatz grundlegend neue, höhere Anforderungen an die gesamte Infrastruktur für Wartung, Reparatur, Ausbildung usw. (dabei spreche ich noch nicht von Ersatzteilen, das ist ein eigenes Kapitel) und auch die Anforderungen an das Ing. technische Personal sind entsprechend gestiegen (zu den Ansprüchen an die Piloten hat sich @Semjon ja schon geäußert). Fehlten diese Voraussetzungen, oder betrieb man die Maschine isoliert von solchen, so büßte das Waffensystem MiG-23 sehr schnell seine Effektivität ein. Reines Fliegen, Einschätzen der fliegerischen Möglichkeiten usw. war da natürlich noch möglich, aber auch das ließ mit der Zeit nach. Die Summe der genannten Aspekte wie:
- welche Versionen waren vorhanden
- auf welche Basis war die Losgistik gestützt
- wie war die Versorgung mit Ersatzteilen
- an welche Grenzen ist man beim Einsatz bewußt gegangen (oder eben nicht)
hatten aus meiner Sicht einen entscheidenden Einfluss auf die Bewertung durch die Amerikaner.
Da eine solche Frage hier auch angesprochen wurde - nach meinen Erfahrungen (E-Spez. und Funk/Funkmess) war die MiG-23 in der Wartung günstiger als die MiG-21. Zwar war der Umfang der Ausrüstung größer, die Zugänglichkeit wesentlicher Komponenten war aber günstiger und es gab mehr automatisierte Testeinrichtung für die periodischen Kontrollen und die Fehlersuche. Da ich gerade die periodischen Kontrollen ansprach: es gab bei der MiG-23 einen reinen Betriebszeit abhängigen Antritt, was natürlich zu Standzeiten führte, die aber aus oben genannten Gründen nicht exorbitant waren.
Was auch eine traditioneller Schwachpunkt war, war die Zuverlässigkeit der elektronischen Ausrüstung. Hier gab es aber, was besonders das Funkmessvisier als Hauptanlage anging, auch eine deutliche Verbesserung von MF zu ML (MLA).
Heftige Probleme, verbunden mit langen Standzeiten, konnte der analoge Autopilot "SAU" machen. Es wurde bei den Wartungskontrollen tunlichst vermieden (wenn es im Vorfeld keine Beanstandungen gab) "an den Rädchen" (Potentiometern) zu drehen - tagelange Einstellarbeiten am Boden und mehrere Werkstattflüge (konnte in diesem Zusammenhang eigentlich nur einer der Piloten wirklich gut!) waren die Folge!
Soweit von mir.