In der Hoffnung, die hier immer hitziger werdenden Diskussion über die Qualität verschiedener europäischer Kampfflugzeuge etwas abzukühlen, erzähle ich nachstehend ein kleines Märchen.
Dieses handelt von Zwergen, von alten Drachen, neuen Kämpfern, von genialen politischen Führern und Vordenkern sowie von der Suche nach Schätzen. Leider ist es, der Zeit entsprechend, kein Weihnachtsmärchen mit Kerzen, Tannenzapfen und Schokoladestückchen sondern nur eines mit Grausbirnen und Stinkbomben.
"Es war einmal, vor langer Zeit, da herrschte im letzten Jahrzehnt des vorigen Jahrtausends, in einem winzig kleinen Land, zu einem großen Teil gelegen auf hohen Bergen und in tiefen Tälern (nein – nicht die Schweiz), die lange Tradition aus Gründen der Neutralität einen wichtigen Teil seiner Militärflugzeuge aus einem anderen Land im hohen Norden, welches eine noch längere Tradition in punkto Neutralität hatte als unser vorhin erwähntes kleines Land in den Bergen (nein – noch immer nicht die Schweiz), zu erwerben.
So begab es sich nun, dass unser kleiner Zwergenstaat neue Abfangjäger brauchte, denn die zuvor beschafften, von den grünen Zwergen im Lande total verteufelten Drachen (nun ist hoffentlich klar, dass es nicht die Schweiz sein kann) begannen nun langsam müde zu werden. Die großen Kosten, welche diesem kleinen Land durch die Beschaffung von modernen Abfangjägern entstehen würden, waren den grünen Kleinwüchsigen natürlich ein immenser Dorn im Zwergenauge und sie wurden deshalb auch nicht müde, in ihrer geradlinigen, eher schlichten und einbahnartigen Sicht auf das Leben gebetsmühlenartig den Gegenwert dieser uralten Drachen und natürlich auch die Kosten der angedachten neuen Abfangjäger in viel wertvollere Kindergärten, Sonderschulen, Kulturzentren und Radwege umzurechnen. Die von der (lustiger- bzw. ironischerweise „unabhängig“ genannten) Zwergenpresse kurz nach dem Dienstantritt der Drachen kolportierten, durch Düsenlärm verursachten Gesichtslähmungen bei manchen, den Drachennestern anwohnenden Zwergen dürften tatsächlich wohl eher ausgewachsene Enten gewesen sein.
Das grüne Gejammere und Gezetere über die alten Drachen verstummte allerdings urplötzlich, als sich die ansonsten recht beliebten Nachbarn im Süden unseres Zwergenstaates untereinander zerstritten, auf einander zu schießen begannen und sich Besorgnis unter den im Süden dieses kleinen Landes lebenden Zwergen betreffend des Kampflärmes und der Rauchwolken hinter den Grenzbalken breit machte. Als sich dann einige Male Abfangjäger der südlichen Nachbarn irrtümlich und mindestens einmal sogar absichtlich in den Luftraum unseres kleinen Zwergenlandes verirrten, hörten man von den grünen Zwergen, die kurz zuvor ihre Ideen lauthals mit jener einer reinen Hubschrauberflotte der Zwergenarmee für den Katastrophenschutz gekrönt hatten, über lange Monate keinen Mucks mehr und auch die zwangsläufigen Flurschäden, welche die Zwergenpanzer bei der Durchführung ihres Grenzsicherungauftrages entlang der Südgrenze des kleinen Landes verursachten, störten überraschenderweise keinen einzigen der davon betroffenen Landzwerge mehr."
(Der geneigte Leser dieser Zeilen möge bedenken, dass es sich hierbei um ein Märchen voller Mysterien handelt, die nicht zu erklären sind).
"Und sogar die alten müden Drachen, welche nun regelmäßig die Südgrenze des Zwergenstaates entlang patrouillierten, waren nun in den Augen und Ohren der grünen Zwerge gar nicht mehr soooo umweltschädlich und auch nicht mehr soooo laut.
Erfreulicherweise waren die Streitigkeiten unter den südlichen Nachbarn des Zwergenstaates aber irgendwann zu Ende und die alten Drachen des Zwergenlandes waren nun noch müder geworden, so dass alle anderen Zwerge – außer den grünen Kleinwüchsigen natürlich – sich ernsthaft mit einer Nachfolge für diese Drachen beschäftigen mussten.
In den ersten Monaten der Überlegungen zur Beschaffung von Nachfolgern für die alten, müden Drachen dachte man – allerdings nicht in Politiker- sondern bloß in den echten Fachkreisen der Zwergenarmee – darüber nach, sich den neuesten Drachen, einen Enkel der bewährten alten Drachen zu bestellen. Auch hätte die Zwergenluftwaffe ein Technikzentrum für die zu erwartenden Drachenenkel in der Mitte des Zwergenlandes zu errichten angedacht, zu dem auch jene Drachensprösslinge aus Nachbarländern zur Kur hätten kommen können, denen der Kuraufenthalt in ihrem weit nördlich gelegenen Ursprungsland zu weit weg und zu teuer war. Dadurch hätte sich der seltene Fall ergeben, dass dieses geplante militärische Drachensanatorium in der Mitte des Zwergenlandes durch die Betreuung auch ausländischer Jungdrachen echte Zwergendukaten hätte verdienen können. Dies hätte möglicherweise sogar die steuerzahlenden Zwerge entlastet oder wenigstens das Staatssäckel bereichert.
Da solch eine Vorstellung aber bei wahrscheinlich allen steuereinhebenden Regierungen dieser Welt als unerhört empfunden wird, wurde diese Idee natürlich von den weltoffenen, alteingesessenen Zwergenpolitikern aus unbekannten Gründen und zur Überraschung aller die geglaubt hatten, für dieses Thema Fachleute zu sein, jedoch nicht goutiert. Im Gegensatz zu dieser Idee sah die kleinwüchsige Führungselite die Zukunft der Zwergenluftwaffe in jenen ebenfalls jungen und vielleicht sogar noch etwas dynamischeren Jungdrachen (nachfolgend und martialisch als „Kämpfer“ bezeichnet), welche im nördlichen Nachbarlandes des Zwergenstaates zur Welt kamen. Und mit einer überraschenden Entscheidung, wie sie nur echte Genies treffen können (weil von den weniger genialen nicht nachvollziehbar), wurden ohne Zögern sogleich 24 dieser Kämpfer bestellt. Bald nachdem der Vertrag mit dem Geburtsnest dieser Drachennachfolger unterzeichnet war und sich die Zwergenpolitiker rechtlich gebunden hatten, kamen sie aber drauf, dass die künftigen Kämpfer überraschenderweise doch ein wenig teuer waren als anfangs gedacht. (Vielleicht waren bei der Vertragsunterzeichnung im Regierungspalast des Zwergenstaates ja auf magische Weise alle Taschenrechner kaputt gewesen). Also beschloss man nicht faul und unter Inkaufnahme aller finanziellen und imagemäßigen Nachteile, aus „Ersparnisgründen“ die bestellte Anzahl der Kämpfer um ein Viertel zu reduzieren."
(Ich will gar nicht wissen, wie das im nördlichen Nachbarland des Zwergenstaates aufgenommen wurde.)
"Zu den Nachteilen der nachträglichen Änderung eines gültig abgeschlossenen Kaufvertrages kamen und kommen nun auch jene der stärkeren Abnützung der wenigeren verbleibenden Kämpfer des Zwergenstaates hinzu, die ja in Dreiviertelstärke dieselben Aufgaben übernehmen müssen. Über all diese Nachteile sahen die politischen Führungszwerge jedoch großzügig hinweg, da diese ja ohnehin nur das steuerzahlende Zwergenvolk in Kauf nehmen musste und außerdem lässt sich echtes Genie doch auch von irgendwelchen Realitäten kaum aufhalten.
Natürlich kursierten und kursieren aufgrund dieses Kurswechsels der damaligen Zwergenregierung wilde Gerüchte über die Gründe dafür .... und diese reichen bis hin zu Spekulationen über geheime Goldschätze, die aus dem nördlichen Nachbarland kommend, in ausgewachsene Schatzkammern kleinwüchsiger Politiker wanderten.
Aber wie bei den meisten Märchen, sind diese Gerüchte hier möglicherweise auch nur ein Märchen .... und wenn doch nicht, so wird vielleicht in vielen Jahren ein parlamentarischer Zwergenausschuss diese Vorgänge genauer überprüfen .... was aber noch lange nicht bedeutet, dass dabei auch irgendetwas herauskommt. Die Unschuldsvermutung vorausgesetzt, werden dann die meisten der damals verantwortlichen Politzwerge bereits ihren wohlverdienten Ruhestand genießen und das übrige Zwergenvolk hat dann sicherlich auch andere Sorgen."
Für alle jene geneigten Leser dieser Zeilen, die nicht dem Zwergenvolke angehören mag dies als eine der Erklärungen für die ambivalente Haltung mancher Angehöriger des Zwergenstaates zu den neuen Kämpfern dienen und muss gar nichts mit deren Qualität zu tun haben.
Und damit ist dieses Märchen zu einem vorläufigen Ende gekommen und es beweist auch, dass es „Happy Ends“ offenbar nur in den uralten, traditionellen Märchen gibt.