Die JACDEC-Liste ist einfach Unsinn, da völlig falsch gemessen und mit ein wenig Einblick ist das schon geradezu lächerlich. Arneh hat ja die unterschiedliche Ops bereits angerissen, ich will da mal etwas näher drauf eingehen.
Emirates und die meisten anderen Nahost-Carrier fahren eine sehr standardisierte Ops von "gut ausgebautem Platz A" zu "gut ausgebautem Platz B" unter Nutzung recht rigider SOPs (fliegerischer Vorschriften) und sehr starker Nutzung von Automation. Ein Flug dort bedeutet das Aktivieren aller Autoflight Systeme in wenigen hundert Fuß Höhe nach dem Start bis kurz vor dem Aufsetzen (bzw. teilweise bis inklusive Landung). Die Landung ist so gut wie immer aus einem einfachen Standardverfahren heraus. Die Crews werden derzeit zunehmend getauscht - die erfahrenen Expats (mit großem britischen Anteil) mit westlich gelernter Sicherheitskultur werden gegen lokale Absolventen der eigenen Flugschulen ausgetauscht. Da stehen Flying Skills so wenig auf Platz 1 der Tagesordnung, wie für Sicherheitskultur extrem wichtige Dinge in der Art von Kritikfähigkeit (und Notwendigkeit von Kritik), Reporting, non-punitiver Umgang, Just-culture und Co.
In europäischen und US-amerikanischen Airlines gehört ein Reporting-System zum Standard, dass um möglichst viele Reports von Dingen bittet, die einem Auffallen. Es geht da nicht um die Suche nach Schuldigen, sondern um die Suche nach möglichen Schwachstellen in Verfahren, Systemen, Ops, Vorschriften, Ausbildung etc. Natürlich entsteht folglich jedes Jahr eine große Liste Reports - aber das ist auch aus Sicht der Flugsicherheit gut! Im nahen Osten ist ein Reporting eher etwas negatives und hat durchaus unangenehme Folgen für den reportenden - die Liste ist also kleiner aber das ist gerade nicht Zeichen von etwas Gutem... Eine Airline, die von ihren Crews eine Erklärung verlangt, wenn diese nicht kurz nach dem Start volle Automatisierung wählt, die macht etwas falsch.
Trotz dieses rigiden Systems mit hoher Automatisierung, streng genormter Fliegerei an große Flugplätze und Nutzung einfacher Anflugverfahren schaffen es diese Airlines regelmäßig, mit schweren Zwischenfällen aufzufallen. Emirates allein hatte da in den letzten Jahren mehr als eine handvoll nur durch Glück nicht gecrashter Fälle, bei den anderen sieht es nicht viel besser aus. Der Trend ist sicher nicht positiv, siehe Umbau der Crews und die weiterhin gelebte Firmenkultur. Man frage sich mal, warum z.B. bei pprune Diskussionen über Etihad komplett verboten wurden...
Blick nach China: da sieht es nicht viel besser aus. Jedem dürfte bekannt sein, dass das Äußern von Kritik dort nicht besonders gern gesehen wird. Der Expat Anteil ist dort, weil es sein muss - nicht, weil es da schön sei oder die Airlines gern westliche Piloten hat. Wer dort mal (als Pilot) unterwegs war, der erhält einen Eindruck - auch von ATC.
Zu Ryanair und Co: Die Firma ist ja nicht nett zu ihren Crews, weil man diese mag o.ä. Das ist aus der Notwendigkeit heraus, diese zu halten. Bezahlung ist immer ein recht einfaches Mittel (und oft sogar ein billiges). Für die Flugsicherheit sind aber auch Dinge wichtig, die nicht so offensichtlich sind. Das beginnt beim Angestelltenverhältnis (nicht als Sub-Unternehmer, nicht befristet,...), geht über das Vorhandensein einer Personalvertretung, Tarifverträgen, Regelungen zur Arbeitsbelastung, Reporting, Just-Culture, usw bis zur fliegerischen Freiheit der Crews. Wenn man sich für (nicht exzessiv) getankten Extra-Fuel rechtfertigen muss, dann ist das nicht gut für die Flugsicherheit. Wer mal gesehen hat, was und wie Lauda auswertet und ihren Crews fliegerisch nahelegt, der sieht mehr über Flugsicherheit, als eine Crashzählung sagen kann. Wenn Ryanair Flüge so plant, dass diese routinemäßig knapp vor Night Curfew (Betriebschluss) an einem Airport ankommen, dann führt das für alle beteiligten Crews an diesem Tag dazu, dass jedes Leg starken Zeitdruck hat und "im Zweifel los" auftreten kann.
So kommt man dann mal ungeplant, durch Verspätungen, von weit her Abends nach Frankfurt und erlebt, wie sich eine (so knapp geplante) Ryanair vor einem in die Sequenz drückt um die entscheidende Minute vorher zu landen. Kurz danach ist man selbst am Boden, kurz nach On-Block darf man dann der Luftaufsicht erklären, warum man dann um 23:01 da war (die verstehen diesen Fehler im System durchaus, aber machen halt ihren Job). Was war denn nun besser für die Flugsicherheit: der verspätete Langstreckenflug, der eine Minute zu spät landet oder die Tagesrotation der RYR 737, die den ganzen Tag Ecken abschneiden muss und unter Druck dann den Flieger um Sekunden vor 11 landet?
Ich möchte aber dazu sagen, dass ich die fliegerische Kompetenz der Ryanair-Kollegen nicht in einem Topf mit nahost darstellen möchte - die RYR fliegen viel und das auch an kleinere Plätze. Bin auch schon oft mit Kollegen geflogen, die von Ryanair kommen - die fallen nicht als schwächer auf.
CF bei Lufthansa hat über Jahrzehnte der Flugsicherheit auf ein besseres Niveau verholfen und kritische Fragen gestellt. So manche der dort vorgeschlagenen/ausgearbeiteten Verfahren und Sicherheitsnetze sind auch bei anderen westlichen Airlines mittlerweile Standard. Das geht nur mit (einigermaßen) unabhängigen, kritisch hinterfragenden Safety Abteilungen - dass jetzt z.B. Emirates (ohne vergleichbaren Beitrag zur Safety nicht nur in der eigenen Firma) vor einer LH steht, die industrieweit (nicht nur in der Luft) Flugsicherheit vorangebracht hat, ist ein Hohn. Kleine Nebenbemerkung: Ich hoffe, das derzeitige "hauptsache billig!" bei LH nimmt keinen weiteren Einfluss auf Safety...
Fazit dieser leider langen Story: Flugsicherheit ist ein sehr komplexes Gebilde und der Versuch, es so zu messen, die JADEC ist da getan hat, ist so lächerlich, wie das publizierte Ergebnis.