Bleiente
Alien
Für Einsätze in der Luft ist die Polizei in Nordrhein-Westfalen gut ausgerüstet. Sie kann zurückgreifen auf zwei kleine Flugzeuge vom Typ Cessna, die es bei keiner Polizei eines anderen Bundeslandes gibt. Außerdem gehören dazu zwei große Hubschrauber und fünf kleinere Modelle vom Typ BK 117. Erst vor zwei Jahren wurden die letzten drei BK-117-Hubschrauber angeschafft. Der Preis lag damals bei 15 Millionen Euro.
Doch beim Kauf dieser drei Modelle lief nicht alles nach Recht und Ordnung. Nach Informationen der "Welt am Sonntag" hätte es vor dem Kauf eine öffentliche Ausschreibung auf EU-Ebene geben müssen. Statt dessen vergab das Innenministerium den Auftrag direkt an die Firma Eurocopter in Donauwörth, Marktführer in diesem Segment, Tochtergesellschaft des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS, an dem wiederum DaimlerChrysler beteiligt ist.
Für diese sogenannte freihändige Vergabe an Eurocopter will das Innenministerium gute Gründe gehabt haben. In einem aktuellen Schreiben des dem Ministerium unterstellten Landeskriminalamtes wird die Vergabepraxis gerechtfertigt, "da mit der Auswahl der BK 117, welche schon als Alarmhubschrauber bei der Polizeifliegerstaffel NRW im Einsatz ist, erhebliche finanzielle Vorteile verbunden waren".
Woher aber wußten die Verantwortlichen, daß mit dem Kauf der Maschinen bei Eurocopter tatsächlich das beste Angebot ausgewählt wurde, wenn andere Angebote gar nicht geprüft wurden? Wolfgang Beus, Sprecher des Innenministeriums, verweist auf die Reduzierung der Typenvielfalt in der Hubschrauberstaffel und dadurch auf einen niedrigeren Fortbildungsaufwand. Außerdem sei ein geringerer Ersatzteil-Bestand notwendig gewesen.
Dennoch waren zu dem Zeitpunkt der Vergabe andere Anbieter auf dem Markt. Laut Ministeriumssprecher Beus gab es zwei potentielle Mitbewerber. Ein Anbieter war die US-Firma Bell. "Die hätte zu dem Zeitpunkt nicht das Hubschrauber-Muster liefern können, das wir gern gehabt hätten", sagt Sprecher Beus.
Das andere Unternehmen sei zu dem Zeitpunkt pleite gewesen. Dabei handelt es sich nach Informationen der "Welt am Sonntag" um die US-Firma MD Helicopters. Tatsächlich gab es dort finanzielle Probleme. Insolvent war sie aber nie. "Hätte NRW den Auftrag ausgeschrieben, hätten wir mitgeboten", sagt Wolfgang Schad, Geschäftsführer der Firma Ibcol Helicopter Services, die die Verkaufsrechte für MD Helicopters in Deutschland besitzt.
Sowohl die Polizei von Baden-Württemberg als auch die in Niedersachsen kauften im Zuge der Erneuerung ihrer Polizeihubschrauber-Staffeln Maschinen des Typs MD 902 von MD Helicopters. Luxemburg kaufte vier Maschinen dieses Typs, Belgien drei, Großbritannien sogar 21. Warum also blieb dieser Hubschrauber-Typ bei den Verantwortlichen in Nordrhein-Westfalen unberücksichtigt? Warum wurde nicht öffentlich ausgeschrieben?
"Es gibt Indizien, die dafür sprechen, sich diesen Fall genauer anzusehen", sagt Robert Wein, der bei der EU-Kommission für das Vergaberecht in Deutschland zuständig ist. "Das Vergaberecht hat den Sinn, daß auch zukünftige Anbieter in den Markt hineingezogen werden", sagt Wein weiter. Bell etwa konnte zwar nicht den Wunsch-Hubschrauber der NRW-Polizei liefern. Das aber ist kein Grund, von einer EU-weiten Ausschreibung abzusehen.
Beim Kauf der drei Hubschrauber wurden EU-Vorschriften demnach mißachtet. "Offenbar wurde hier schon vorab überlegt, was man haben möchte", sagt Wein. "Mit dem Instrument der freihändigen Vergabe darf aber nur in absoluten Ausnahmefällen verfahren werden. In diesem Fall ist es fraglich", sagt der Vergaberechtsexperte der EU-Kommission.
Verantwortlich für den Kauf der drei Hubschrauber war das Innenministerium unter dem damaligen SPD-Minister Fritz Behrens. Doch nicht nur Behrens hat in diesem Fall offensichtlich versagt. Es wurde parteiübergreifend weggesehen. Behrens' Nachfolger im Amt, Ingo Wolf, wurde noch in seiner Funktion als Fraktionsvorsitzender der FDP im Oktober des Jahres 2004 über die Vorgänge informiert.
In einem Brief erklärte ihm Christoph Hauke, früherer Polizeihubschrauber-Pilot und Vorsitzender der Gewerkschaft des fliegenden Personals, die Umstände. Doch Wolf reagierte trotz Mißachtung des EU-Vergaberechts nicht, auch nicht jetzt, als Innenminister. Der heutige Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) wurde von Hauke ebenfalls angeschrieben, blieb aber bis heute untätig.
In Wolfs Innenministerium wird dagegen auf die Prüfung durch den Landesrechnungshof verwiesen. Das aber ist falsch. Der Landesrechnungshof prüfte die "Luftfahrzeuge der Polizei" nur im Jahr 2003 und veröffentlichte den Bericht dazu im darauffolgenden Jahr. Im Jahr 2004, in dem die drei Hubschrauber gekauft wurden, ist die Flotte der Polizei in NRW jedoch nicht überprüft worden.
Die Anschaffung der drei Hubschrauber wirft aber auch in anderer Hinsicht Fragen auf. Die BK 117 war 2004 bereits ein Auslaufmodell. Der Hersteller Eurocopter verkaufte in diesem Jahr gerade noch 16 Stück. Anschließend wurde die Produktion eingestellt, die bereits 1983 aufgenommen wurde. Das Nachfolgemodell EC 145 dagegen wurde bis heute schon rund 80 Mal verkauft.
Die Polizei in Bayern stand bereits Mitte der 90er Jahre vor dem Problem einer veralteten Flotte mit elf Maschinen, davon vier BK 117. Bayern tauschte die Flotte gegen neue Maschinen aus. Innenminister Günther Beckstein (CSU) begründete dies mit einer "Erhöhung der polizeilichen Einsatzfähigkeit und Verbesserung der Wirtschaftlichkeit". Entscheidend sei die Festlegung auf ein Modell gewesen. Bayern entschied sich für den Kauf von neun EC-135-Hubschraubern der Firma Eurocopter. Zu diesem Ergebnis war das bayerische Innenministerium übrigens erst nach einer EU-weiten Ausschreibung gekommen.
2. April 2006
http://www.wams.de/data/2006/04/02/868583.html
Doch beim Kauf dieser drei Modelle lief nicht alles nach Recht und Ordnung. Nach Informationen der "Welt am Sonntag" hätte es vor dem Kauf eine öffentliche Ausschreibung auf EU-Ebene geben müssen. Statt dessen vergab das Innenministerium den Auftrag direkt an die Firma Eurocopter in Donauwörth, Marktführer in diesem Segment, Tochtergesellschaft des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS, an dem wiederum DaimlerChrysler beteiligt ist.
Für diese sogenannte freihändige Vergabe an Eurocopter will das Innenministerium gute Gründe gehabt haben. In einem aktuellen Schreiben des dem Ministerium unterstellten Landeskriminalamtes wird die Vergabepraxis gerechtfertigt, "da mit der Auswahl der BK 117, welche schon als Alarmhubschrauber bei der Polizeifliegerstaffel NRW im Einsatz ist, erhebliche finanzielle Vorteile verbunden waren".
Woher aber wußten die Verantwortlichen, daß mit dem Kauf der Maschinen bei Eurocopter tatsächlich das beste Angebot ausgewählt wurde, wenn andere Angebote gar nicht geprüft wurden? Wolfgang Beus, Sprecher des Innenministeriums, verweist auf die Reduzierung der Typenvielfalt in der Hubschrauberstaffel und dadurch auf einen niedrigeren Fortbildungsaufwand. Außerdem sei ein geringerer Ersatzteil-Bestand notwendig gewesen.
Dennoch waren zu dem Zeitpunkt der Vergabe andere Anbieter auf dem Markt. Laut Ministeriumssprecher Beus gab es zwei potentielle Mitbewerber. Ein Anbieter war die US-Firma Bell. "Die hätte zu dem Zeitpunkt nicht das Hubschrauber-Muster liefern können, das wir gern gehabt hätten", sagt Sprecher Beus.
Das andere Unternehmen sei zu dem Zeitpunkt pleite gewesen. Dabei handelt es sich nach Informationen der "Welt am Sonntag" um die US-Firma MD Helicopters. Tatsächlich gab es dort finanzielle Probleme. Insolvent war sie aber nie. "Hätte NRW den Auftrag ausgeschrieben, hätten wir mitgeboten", sagt Wolfgang Schad, Geschäftsführer der Firma Ibcol Helicopter Services, die die Verkaufsrechte für MD Helicopters in Deutschland besitzt.
Sowohl die Polizei von Baden-Württemberg als auch die in Niedersachsen kauften im Zuge der Erneuerung ihrer Polizeihubschrauber-Staffeln Maschinen des Typs MD 902 von MD Helicopters. Luxemburg kaufte vier Maschinen dieses Typs, Belgien drei, Großbritannien sogar 21. Warum also blieb dieser Hubschrauber-Typ bei den Verantwortlichen in Nordrhein-Westfalen unberücksichtigt? Warum wurde nicht öffentlich ausgeschrieben?
"Es gibt Indizien, die dafür sprechen, sich diesen Fall genauer anzusehen", sagt Robert Wein, der bei der EU-Kommission für das Vergaberecht in Deutschland zuständig ist. "Das Vergaberecht hat den Sinn, daß auch zukünftige Anbieter in den Markt hineingezogen werden", sagt Wein weiter. Bell etwa konnte zwar nicht den Wunsch-Hubschrauber der NRW-Polizei liefern. Das aber ist kein Grund, von einer EU-weiten Ausschreibung abzusehen.
Beim Kauf der drei Hubschrauber wurden EU-Vorschriften demnach mißachtet. "Offenbar wurde hier schon vorab überlegt, was man haben möchte", sagt Wein. "Mit dem Instrument der freihändigen Vergabe darf aber nur in absoluten Ausnahmefällen verfahren werden. In diesem Fall ist es fraglich", sagt der Vergaberechtsexperte der EU-Kommission.
Verantwortlich für den Kauf der drei Hubschrauber war das Innenministerium unter dem damaligen SPD-Minister Fritz Behrens. Doch nicht nur Behrens hat in diesem Fall offensichtlich versagt. Es wurde parteiübergreifend weggesehen. Behrens' Nachfolger im Amt, Ingo Wolf, wurde noch in seiner Funktion als Fraktionsvorsitzender der FDP im Oktober des Jahres 2004 über die Vorgänge informiert.
In einem Brief erklärte ihm Christoph Hauke, früherer Polizeihubschrauber-Pilot und Vorsitzender der Gewerkschaft des fliegenden Personals, die Umstände. Doch Wolf reagierte trotz Mißachtung des EU-Vergaberechts nicht, auch nicht jetzt, als Innenminister. Der heutige Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) wurde von Hauke ebenfalls angeschrieben, blieb aber bis heute untätig.
In Wolfs Innenministerium wird dagegen auf die Prüfung durch den Landesrechnungshof verwiesen. Das aber ist falsch. Der Landesrechnungshof prüfte die "Luftfahrzeuge der Polizei" nur im Jahr 2003 und veröffentlichte den Bericht dazu im darauffolgenden Jahr. Im Jahr 2004, in dem die drei Hubschrauber gekauft wurden, ist die Flotte der Polizei in NRW jedoch nicht überprüft worden.
Die Anschaffung der drei Hubschrauber wirft aber auch in anderer Hinsicht Fragen auf. Die BK 117 war 2004 bereits ein Auslaufmodell. Der Hersteller Eurocopter verkaufte in diesem Jahr gerade noch 16 Stück. Anschließend wurde die Produktion eingestellt, die bereits 1983 aufgenommen wurde. Das Nachfolgemodell EC 145 dagegen wurde bis heute schon rund 80 Mal verkauft.
Die Polizei in Bayern stand bereits Mitte der 90er Jahre vor dem Problem einer veralteten Flotte mit elf Maschinen, davon vier BK 117. Bayern tauschte die Flotte gegen neue Maschinen aus. Innenminister Günther Beckstein (CSU) begründete dies mit einer "Erhöhung der polizeilichen Einsatzfähigkeit und Verbesserung der Wirtschaftlichkeit". Entscheidend sei die Festlegung auf ein Modell gewesen. Bayern entschied sich für den Kauf von neun EC-135-Hubschraubern der Firma Eurocopter. Zu diesem Ergebnis war das bayerische Innenministerium übrigens erst nach einer EU-weiten Ausschreibung gekommen.
2. April 2006
http://www.wams.de/data/2006/04/02/868583.html