Memminger Zeitung, 5. Mai 2006
Rhein-Ruhr-Gebiet fliegt auf das Allgäu
„pro Allgäu“ initiiert Charterverbindung von Dortmund aus
Start frei: Ab August werden für mehrere Monate zweimal wöchentlich Urlauber mit Charterflugzeugen von Dortmund aus ins Allgäu geflogen. Die Vereinigung „pro Allgäu“, die 65 Hotels vertritt, will damit ein Zeichen letzen, dass der neue Regionalflughafen Memmingerberg für eine Belebung des Tourismus wichtig ist. Es ist ein Zeichen, das mit einem gewissen Risiko verbunden ist: Da in Memmingerberg noch kein Instrumentenlandesystem installiert ist, das Flüge bei fast jedem Wetter zulässt, müssen die Chartermaschinen nach Sicht fliegen – und im Zweifelsfall zu den Konkurrenzflughäfen Friedrichshafen oder Augsburg ausweichen. Los geht es mit dem „Allgäu-Air-Express“ am 27. August. Entstanden ist die Idee für die Urlauberflüge in Gesprächen mit dem Allgäuer Spitzenhotel Sonnenalp. Dessen Juniorchef Michael Fäßler wollte im Herbst Golfern und Wellness-Kurzurlaubern ein derartiges Angebot machen. Stammgäste hatten großes Interesse an einer Anreise mit dem Flugzeug gezeigt. „Dann haben wir aber entschieden, es auf breiterer Basis gleich richtig zu machen,“ erklärte gestern auf einer Pressekonferenz pro Allgäu“-Sprecher Dirk Schoppmann. Bis 15. Oktober wird jeweils donnerstags und Sonntags ein 33-sitziges Turboprop-Flugzeug der Regionalfluggesellschaft Dauair mit Sitz in Lübeck Gäste in knapp eineinhalb Stunden von Dortmund nach Memmingerberg fliegen. Schoppmann: „Alternativ hatten wir an Flüge ab Hamburg gedacht, aber das Marktpotential im Rhein-Ruhr-Gebiet ist größer.“ Hamburg könnte bei einem Erfolg im Winter mit Angeboten für Skifahrer folgen. Ein Ticket wird zunächst je nach Abflugtag für 99 oder 149 Euro einfach angeboten. Mindest-Abnahme garantiert Die Abnahme von mindestens 20 Tickets pro Flug garantieren „pro Allgäu“ und die „Allgäu Marketing GmbH“, deren Geschäftsführer Bernhard Joachim sich „über teue Reisewege ins Allgäu neue Gäste“ erhofft. Nach der Ankunft in Memmingerberg – oder bei schlechtem Wetter auf einem anderen Flughafen – werden die Urlauber von den gebuchten Hotels mit Taxis oder Bussen abgeholt. Tourismusverbands-Chef Alfons Zeller war angesichts des Gesamtvorhabens schon voller Vorfreude: „Das Allgäu hebt ab.“ ein Instrumentenlandesystem wird es in Memmingerberg frühestens ab dem kommenden Jahreswechsel geben. Die private Betreibergesellschaft des Regionalflughafens Allgäu Airport“ ist nach Auskunft von Geschäftsführer Ralf Schmid gerade dabei, ein derartiges System anzuschaffen. Die verschiedenen dazu gehörigen Navigations- und Kommunikations-Anlagen werden dafür sorgen, dass aus Osten anfliegende Maschinen wie an einem Leitfaden sicher zur Landebahn geführt werden. Auch beim Aufbau dieses Systems bleibt es jedoch spannend. Um den imaginären Leitfaden aufbauen zu können, werden normalerweise in Verlängerung der Landebahn mehrere Kilometer vor einem Flughafen zwei Funkeinrichtungen installiert. Darauf wollen die Flughabenbetreiber jedoch verzichten, da der Grund für zumindest eine dieser Antennen einem Flughafengegner gehört. Dieser hatte bereits im Zuge des umstrittenen Genehmigungsverfahrens für die zivile Nachnutzung des früheren Militärflugplatzes Widerstand angekündigt. Die Betreiber wollen daher ein abgewandeltes technisches Verfahren anwenden, das sicheren Flugverkehr garantiert – das allerdings bisher in Deutschland so noch nirgends in Betrieb ist. Entscheiden darüber wird die Deutsche Flugsicherung. Das fehlende Instrumentenlandesystem verhindert bislang offenbar, dass an dem Regionalflughafen bereits erheblich mehr Verkehr herrscht. Die Billigfluglinie Hapag-Lloyd-Express (HLX) signalisiert offen Interesse an Memmingerberg. „Bislang stimmt aber die Infrastruktur einfach nicht,“ so ein Sprecher. Noch in diesem Jahr werde jedoch eine Entscheidung fallen, ob HLX ab 2007 das Allgäu bedient.
Seit Aufnahme des zivilen Flugbetriebs im August 2004 gab es in Memmingerberg bislang rund 8000 Starts und Landungen. Darunter waren bereits zahlreiche großräumigere Flugzeuge. Beschwerden gegen einer Lärmbelästigung, die Flughafengegner massiv befürchtet hatten, gab es nur ganz vereinzelt.