Sehr guter beitrag vom DiDi!!!
Am besten und treffendsten war für mich das mit dem "Selbstwertgefühl". Das trifft den Kern.
ich denke man darf nicht vergessen, dass Propaganda, Desinformation, strikte Disziplin-Durchsetzung, aber auch die fortlaufende Überwachung zwangsläufig zu einer bestimmten Ausrichtung führen.
Viele NVA Standorte waren im wahrsten Sinne des Wortes "hinterm Wald". Die Berufssoldaten hatten einen durchschnittlichen Bewegungsradius zwischen Dienststelle und Wohnzone. Nahezu ständig Bewegungseinschränkung durch Bereitschaften. Fast ständig umgeben von den gleichen Leuten. Ich glaube eine gewisse "Quarantäne" kann man schon erkennen. Und in der Quarantäne lief die Rotlicht-Bestrahlung. Sicherlich haben die die meisten nicht sonderlich ernst genommen, aber völlig wirkungslos war sie nicht.
"Steht die Sonne im Zenit, sitzt der Flieger im Raum und macht Polit" Hat mir gut gefallen, steht in den Memoiren von Hans Rost/FAG 25.
Andere Informationsquellen, Westfernsehen o.ä. gabs kaum oder gar nicht. Ehefrauen, Freundinnen mussten bestimmte Kriterien, nicht nur für den Mann :D, sondern auch für Stasi und NVA erfüllen. "Frau mit Westverwandschaft oder Pilot sein?" An dieser Frage haben einige völlig verzweifelt. Es gab definitiv auch Standorte, bei denen die Verantwortlichen der Meinung waren ein lediger Pilot wäre am besten in einem Wohnheim aufgehoben. Und wenn nach einigen Jahren unvermeidbar eine Wohnung, dann bitte nur in einem Haus, in dem "zuverlässige" Genoosen wohnen. In diesem Wohnheim wurden bei ausgewachsenen Offizieren und Piloten (heute unvorstellbar) sogar noch offizielle Zimmerkontrollen durchgeführt. Inoffizielle gabs ohnehin. Das so etwas zu dem von DiDi genannten "Selbstwertgefühl" führt ist doch klar. "Mündig" war man nur sehr begrenzt.
In solchen Schlüsselpositionen wie Piloten wurden die Leute in jahrelangen Prozess ausgewählt und geformt. Wer nicht ins Raster passte, war über Nacht kein Pilot mehr. Ich habe mal irgendwo gelesen, in solchen Bereichen wie Fliegerei war die IM-Quote bei 1:5 und man hätte in Stasiberichten gefordert diese auf 1:3 aufzustocken. Etwas ähnliches stand glaube ich mal in einer FRe zur Interflug-Fliegerei.
Wenn ich Leute so erziehe und forme, wenn ich sie so leben lasse, hat das schon Auswirkungen auf Einstellungen. Man müsste ja schon völlig schizophren sein, um jahrelang ein Doppelleben zu führen.
HR hat in seinem buch ja schön beschrieben, als die Wende im Herbst begann, war er völlig ahnungslos. Gleiche Aussagen kenne ich auch von anderen. Mit Aussagen wie "Randalierer und Verbrecher verwüsten Dresdens Innenstadt!" wurden NVA Angehörige bei der Aufstellung der Einsatzzüge belogen. Ich bin sehr sehr froh, dass die Sache nicht eskaliert ist, denn ich denke mit entsprechenden Befehl und entsprechender Befehlsdurchsetzung hätte es ganz sicher Leute gegeben, die in völliger Verkennung der Lage geschossen hätten.
Und es gab auch Leute, die nach all dem wirklich geglaubt haben, eine Funkaufklärung an der innerdeutschen Grenze wäre Klassenkampf. :D und der Zahnarzt mit Cessna 152 aus dem Westen, der sich nach Orientierungsverlust über die Grenze verirrt, wäre ein Spion der CIA. Nicht böseres im Sinne als die "Entschlossenheit der NVA" zu testen" :(
Menschen sind nun mal leider manipulierbar.
Ganz vergessen darf man aber nicht, dass auch die westliche Seite nicht ganz unschuldig war. Provokationen gab es wirklich und spioniert haben natürlich beide Seiten. Ich kenne auch Amerikaner, für die jeder "Commie" der devil ist und sie ihm am liebsten eine verpassen würden. In der NVA ist die Sache aber völlig überhöht wurden.