Ich habe hier jetzt mal ein wenig mitgelesen und dachte mir, dass ich mein Wissen beisteuern möchte, da offensichtlich doch einiges an Unklarheit herrscht.
Die Frage, wofür benötigt man ein Seitenruder ist recht einfach, aber dennoch umfangreich zu beantworten. Man benötigt es für den koordinierten Flug. Wann ist dieser wichtig? Vor allem bei niedrigen Geschwindigkeiten, nahe der Stallspeed VS0 oder VS1 (je nach dem ob mit oder ohne Klappen). Aber auch beim Reiseflug um "schön" und Effizient ohne Schieben zu fliegen.
Außerdem benutzt man das Seitenruder noch zum Ausgleich des Drehmoments des Motors (bei Propellerflugzeugen). Bei hoher Leistung des Motors, z. B. bei start tendiert ein Propellergetriebenes Flugzeug zum Eindrehen um die Hochachse nach (meist) links, durch das Motodrehmoment, den asymetrischen Schub zwsichen auf und ablaufenden Propellerblatt, dem Spiralluftstrom um den Flugzeugrumpf der am Heck auf das Seitenruder trifft oder den erhöhten Widerstand des linken Rades des Hauptfahrwerks.
Aber nun zum Flug:
Möchte man z. B. eine Rechtskurve fliegen, legt man den Knüppel oder den Yoke nach rechts. Dadurch wird das rechte Querruder nach oben, das linke nach unten ausgeschlagen. Das Flugzeug rollt nach rechts. Durch das rechte, nach oben ausgeschlagene Querruder wird der Auftrieb verringert, wodurch sich der Flugel senkt. In der Aerodynamik hängen immer alle Faktoren zusammen. Durch sinkenden Auftrieb sinkt aber auch der Widerstand am Flügel. Am linken Flügel tritt der umgekehrte Effekt ein. Durch das nach unten ausgeschlagene Querruder wird der Auftrieb erhöht und damit steigt jedoch auch der Widerstand. Das Resultat daraus ist also, dass während das Flugzeug nach rechts rollt, wird der linke (äußere) Flügel stärker abgebremst. Der rechte (innere) Flügel fliegt quasi schneller als der linke Flügel. Dadurch entsteht das sog. negative Wendemoment und die Nase des Flugzeugs dreht sich beim rollen nach rechts aus der beabsichtigten Kurve weg nach links. Der Effekt ist nicht stark, kann aber dennoch in bestimmten Situationen gefährlich sein. Mit Anströmrichtungen oder Ähnlichem hat das wenig zu tun.
Wenn man ausreichend Geschwindigkeit hat, ist das negative Wendemoment nicht schlimm. Es sieht nur einfach nicht schön aus und es fühlt sich beim Fliegen auch einfach komisch an (Gefühl im Hosenboden).
Man kompensiert dieses Wendemoment durch den Einsatz des Seitenruders in die gleiche Richtung in die man auch rollen möchte, um so die Nase "auf Kurs" zu halten und ein beschleunigen bzw. "abbremsen" der jeweiligen Flügel zu verhindern. Das nennt man dann koordinierten Flug und der Wendeanzeiger (die "Kugel") bleibt in der Mitte stehen. Das ist der anzustrebende Idealfall!
Wenn die Rollbewegung abgeschlossen ist braucht man im übrigen kein Seitenrunder mehr (Seitenrudereinsatz nur so lange die Rollbewegung andauert). Das Flugzeug fliegt die Kurve selbstständig. Zum Halten der Höhe wird lediglich am Höhenruder gezogen (je mehr Querneigung desto mehr Höhenruder) oder man gibt mehr Gas... oder eben Beides.
Wann wird es jetzt kritisch mit dem negatvien Wendemoment? Wie oben beschrieben, wenn man nah an der Stallspeed fliegt. Das kann z. B. beim "Base-to-final-turn" sein. Wenn man hier sehr langsam ist und die Rollbewegung ohne Seitenruder einleitet, wird der kurveninnere Flügel wie beschrieben beschleunigt, der kurvenäußere aber abgebremst. Gleichzeitig steigt die Stallspeed mit steigender Querneigung merklich an. Sinkt die Geschwindigkeit des kurvenäußeren Flügels durch die beschriebnen Effekte nun unter die Stallspeed, reißt die Strömung ab. Durch die geringe Höhe im Anflug ist ein Abfangen oft nicht mehr möglich, zumal die Geschichte dann in einem Trudeln enden kann.
Meist ist das Problem aber sogar zu viel Seitenruder. Der Pilot überschießt beim Einkurven in den Endanflug die Anfluggrundlinie und tritt kräftig in das Seitenruder um die Nase der Maschine weiter einzudrehen. Dabei wird aber nun der kurveninnere Flügel derart stark abgebremst, dass es zum Strömungsabriss kommt. Hier ist meist ein Trudeln der Fall. Die überwiegende Mehrzahl solcher Fehler enden tödlich, weshalb diese Sache auch "deathspiral" genannt wird.
Bei Flugzeugen der allegemeien Luftfahrt sind Quer- und Seitenruder in der Regel nicht gekoppelt. Da muss man noch selbst arbeiten.
Man kann eine Kurve auch ohne Seitenruder fliegen. Das ist problemlos möglich, aber es tritt dann eben das erwähnte negative Wendemoment auf, was ja bei ausreichender Geschwindigkeit kein Problem ist... außer dass es eben unschön ist.
Flugzeuge wie große Airliner oder aber auch Kampfjets wie die F-16 haben im Übrigen einen sogenannten Yaw-Damper. Hier wird das Seitenruder ganz einfach durch den Bordcomputer mit angesteuert. Man kann auf Youtube mal nach entsprechenden Videos schauen. Da sieht man, wie wild das Seitenruder eines Kampfjets bei harten Manövern, auch bei hohen Geschwindigkeiten oder im Luftkampf arbeitet.
Ja, man kann ein Flugzeug auch ohne Querruder, nur mit Seitenruder "um die Kurve" fliegen. Macht man auch oft, wenn man z. B. im Cockpit die Hände voll hat und das Flugzeug durch einen Windimpuls etc. zu rollen beginnt. Dann gibt man einfach kurz Seitenruder in die entgegengesetzte Richtung und das Flugzeug rollt in Richtung des Seitenruderausschlages.
Der Grund hierfür ist der umgekehrte Effekt wie oben beschrieben. Man nennt das das Wenderollmoment. Tritt man z. B. rechts ins Seitenruder wird der rechte Flügel abgebremst und der linke beschleunigt. Am rechten Flügel entsteht hierdurch weniger, am linken Flügel mehr Auftrieb. Der rechte Flügel senkt sich dementsprechend, der linke steigt. Daraus resultiert, dass das Flugzeug eine nach rechts rollende Bewegung ausführt, gepaart mit einem Eindrehen der Nase nach rechts.