Swissair-Prozess: Details zur Anklage
Zwölf Tage vor Prozessbeginn veröffentlichte gestern die Zürcher Staatsanwaltschaft die Anklage im Swissair-Prozess. Zentrale Punkte sind die Restrukturierung der SAirGroup 2001 sowie umstrittene Zahlungen an die Sabena.
Zürich Auf mehr als 100 Seiten wirft die Zürcher Staatsanwaltschaft den neunzehn Angeklagten strafrechtliche Verstösse im Zusammenhang mit der Geschäftsführung der Swissair-Gruppe vor. Es geht um Urkundenfälschung, Gläubigerschädigung, Misswirtschaft, ungetreue Geschäftsbesorgung, Gläubigerbevorzugung und unwahre Angaben über kaufmännisches Gewerbe. Angeklagt sind die Ex-Konzernchefs Philippe Bruggisser, Eric Honegger und Mario Corti, die damaligen Verwaltungsräte, die Finanzchefs sowie weitere Kadermitglieder, Berater und der ehemalige Lot-Chef Jan Litwinski. Der Prozess findet vom 16. Januar bis zum 9. März am Bezirksgericht Bülach in der grossen Stadthalle statt. Welche Strafen die Staatsanwaltschaft fordert, will sie vor Gericht bekannt geben.
In einer separaten Anklage wird der ehemalige Zürcher Finanzdirektor und Konzernchef Eric Honegger zusätzlich beschuldigt, in der Steuererklärung für das Jahr 2001 insgesamt 146 000 Franken nicht deklariert zu haben. Die Staatsanwaltschaft beantragt dafür eine Busse von 8000 Franken.
Die Hauptanklage im Swissair-Prozess fokussiert auf mehrere Themenkomplexe: Ein Schwerpunkt liegt auf einer im März 2001 vorgenommenen Restrukturierung. Für die Gruppentochter SAirLines, die das Fluggeschäft des Konzerns umfasste, musste damals eine Bilanzsanierung vorgenommen werden. Die SAirLines war laut Anklage damals mit rund 2,3 Milliarden Franken überschuldet. Der Verlust wurde eliminiert, indem die Gruppe der SAirLines Beteiligungen übertrug, ohne dafür einen Gegenwert zu erhalten.
Ausserdem verzichtete die Gruppe auf Darlehen an die SAirLines in Höhe von 727 Millionen Franken. Die SAirGroup habe durch die Transaktionen je nach Bewertung einen Schaden zwischen 2,58 Milliarden und 9,13 Milliarden Franken erlitten, so die Anklage. Für die Gläubiger der SAirGroup betrage der Schaden rund 1,1 Milliarden Franken, rechnet die Staatsanwaltschaft vor.
Sabena-Zahlungen
Ebenfalls angeklagt wird die Ende 2000 erfolgte Übertragung des Buchungssystems «Galileo» auf die SAirLines mit einem Schaden von rund 100 Millionen Franken für die Gruppe. Auch die Rekapitalisierung der maroden Sabena mit 150 Millionen Euro im Frühjahr 2001 fällt für die Anklage unter die Kategorie «ungetreue Geschäftsbesorgung». Ohne Gegenleistung soll zudem der damalige Chef der polnischen Lot, Jan Litwinski, von Bruggisser 15 000 Franken monatlich für «Beraterleistungen» zugesprochen erhalten haben. Im Zusammenhang mit solchen Honoraren werden Litwinski und Finanzchef Georges Schorderet auch Falschbeurkundung vorgeworfen.
Unwahre Angaben Cortis
Auch in den letzten Monaten der Swissair wurde gemäss Anklage gegen das Strafrecht verstossen. So hätten der letzte Swissair-Chef Corti wie auch Schorderet wiederholt unwahre Angaben gemacht, etwa über einen angeblichen Milliardenkredit oder über Einsparmöglichkeiten. Corti und Finanzchefin Jacqualyn Fouse hätten vor dem Nachlass auch mehrere Beratungsunternehmen als Gläubiger bevorzugt. Die Nachlassstundung im Herbst 2001 hätten die beiden mangelhaft vorbereitet und zu spät eingereicht. Die Folge war das «Grounding» am 2. Oktober 2001. (sda)
Eric Honegger Vorwurf zurückgewiesen - er habe gar zu viel bezahlt
Zürich Der ehemalige Regierungsrat und Swissair-Konzernchef Eric Honegger weist den Vorwurf des Steuerbetrugs zurück: Er habe nichts gefälscht und nichts manipuliert, um die Höhe seines Einkommens zu verschleiern. «Ich habe meine damalige, vom Steuerkommissär selbst akzeptierte Steuererklärung wie schon in allen Jahren zuvor nach bestem Wissen und Gewissen und ohne jedwede Täuschungs- oder Hinterziehungsabsichten sorgfältig erstellt», teilte Honegger am Donnerstag in einem Communiqué mit. Er habe alle Belege eingereicht, die ihm zur Verfügung gestanden hätten, und daran keinerlei Manipulationen vorgenommen. Infolge eines erst später festgestellten Rechenfehlers, der von den Steuerbehörden später aber akzeptiert worden sei, sei sein damaliges Steuereinkommen sogar leicht zu hoch eingeschätzt worden. «Ich habe damals nicht zu wenig, sondern im Gegenteil sogar zu viel Steuern bezahlt», schreibt Honegger. (sda)
Ein Anklagepunkt sind die Zahlungen der Swissair von 150 Millionen Euro an die marode belgische Fluggesellschaft Sabena. Bild Key
http://www.shn.ch