Wenn ich mir die Nachrichten (gepostete Links) so durchlesen, dann ist es irgendwie beruhigend zu sehen, dass wir nicht nur in Deutschland ein zunehmend schlechter werdenden Journalismus vorfinden.
Ich würde gerne die Informationen aus den Texten etwas einordnen wollen damit auch der nicht Fachkundige die entsprechenden Informationen besser nachvollziehen kann. Als Quellen nutzte ich jetzt bewusst nur die hier geposteten Links da die anderen Medienhäuser eh nur untereinander abschreiben, damit würden sich auch keine neuen Erkenntnisse ergeben.
Wetterradar und seine Tücken:
Der „wien.orf.at“ schreibt: [
AUA-Airbus durch Hagel schwer beschädigt]
„
Die Gewitterzelle sei für die Cockpitcrew auf dem Wetterradar laut deren Aussage nicht ersichtlich gewesen, erklärte AUA-Sprecherin Anita Kiefer gegenüber dem Luftfahrtmagazin.“
„austrianwings.info“ schreibt: [
Kommentar: "Hagelflug" AUA 434 - Chronologie eines Höllenritts]
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Der Airbus A320 ist ein modernes Kurz- und Mittelstreckenflugzeug mit einem digitalen Glascockpit. Das heißt, dass die Piloten auf großen Bildschirmen unmittelbar vor ihnen wichtige Wetterinformationen über das sogenannte Wetterradar angezeigt bekommen. Dabei werden beispielsweise Niederschlagszonen und Gewitter dargestellt […]“
„austrianwings.info“ schreibt: [
AUA-Hagelvorfall: Kommandant wohl nicht im Cockpit]
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Die AUA-Pressestelle gab zunächst an, dass die Crew die Schwere des Unwetters auf dem Wetterradar nicht erkannt habe. Eine durchaus plausible Erklärung, denn es kam und kommt immer wieder vor, dass die Anzeigen auf dem Wetterradar im Cockpit das tatsächliche Wettergeschehen nicht 1:1 abbilden.“
In erster Linie muss man wissen wie so ein Wetterradar überhaupt funktioniert.
Das Wetterradar sendet Strahlen im SHF Band (zwischen 3 und 30 GHz), diese werden von Objekten und Boden reflektiert und im Flugzeug dargestellt. Man kann dank der eingebauten Filter den Boden ausblenden lassen, auf diese Weise erhält man ein brauchbares Bild der Umgebung. Jetzt muss man aber wissen, dass je nach Objekt wie Wasser (Regen) und Eis (Hagel) die Reflektion sich verändert. Damit ergibt sich eine andere, wenn überhaupt mögliche, Darstellung auf den Bildschirmen. Das Wetterradar kann nicht zaubern, es kann nur die Daten nutzen welche sie durch die Reflektion erhält (so beim A320, andere Modelle können noch Satellitendaten einspeisen).
Die Regel besagt: Je feuchter das Objekt desto besser reflektiert das Objekt die Radarwellen.
Eine
gute Reflektion haben: feuchte Hagelkörner und große Regentropfen
Eine
schlechte Reflektion haben: Eiskristalle, nasser Schnee, trockene Hagelkörner und trockener Schnee.
Wir kennen dies aus dem Straßenverkehr, wenn du nachts auf einer nassen Fahrbahn fährst und ein Auto kommt einem entgegen dann wird man nicht selten von den Scheinwerfern, aufgrund des auf der Fahrbahn stehenden Regenwassers, geblendet. Das Gleiche ist auch tagsüber der Fall wenn die Sonne tief steht und das Licht im Wasser reflektiert wird.
Ist die Fahrbahn mit Schnee (Eiskristalle!) bedeckt, hat man dieses Phänomen nicht da die Lichtstrahlen im Eis anders gebrochen (reflektiert) werden.
(Hier mal ein Beispiel:
https://previews.123rf.com/images/oksix/oksix1301/oksix130100098/17304752-nasse-straße-nach-regen-und-auto-in-der-ferne.jpg)
Dies bedeutet auch, dass ein Radar mit zunehmender Höhe die Umgebung schlechter anzeigt da mit zunehmender Höhe die Temperaturen sinken und mehr Eis in der Atmosphäre vorhanden ist. Im schlechtesten Fall kann Hagel somit gar nicht erst anzeigt werden. Was man dagegen tun kann ist zum Beispiel das empfangene Radarsignal mit Hilfe des „GAIN“ Knopfes verstärken. Damit kann man Wolken mit kleinen Eiskörnern durchaus besser bzw. überhaupt erst auf dem Cockpitdisplay sehen. Allerdings führt dies gleichzeitig dazu, dass alle anderen Signale wie z.B. vom Regen ebenfalls verstärkt werden und man somit einen roten Bereich erzeugt obwohl er in Wahrheit nur grün ist. Damit verfälscht man seine persönliche Wahrnehmung, aus diesen Grund bleibt der GEIN Knopf in der Regel auf Auto. stehen und lässt das Wetterradar selber die Signale filtern.
Schatten:
Eine weitere Eigenheit des Wetterradars wurde hier auch schon mal erwähnt, der Radarschatten. Es kommt oft vor, dass man auf eine Wolkenwand zufliegt und diese die Radarstrahlen so stark reflektiert (aufgrund der Feuchte), dass weitere Strahlen nicht hindurch kommen. Damit kann nicht angezeigt werden was sich „hinter“ dieser Wolkenwand befindet, man spricht dann von einem „Schatten“ (engl. Shadow)
Bild:
https://code7700.com/images/radar/radar_shadows_1.jpg
Warnung:
Um die Stärke der reflektierten Radarstrahlen und damit die Gefahr von Hageln besser erkennen zu können, haben die Ingenieure die Darstellung mit Farben hervorgehoben. Auf dem Display zeigt die Farbe Grün eine niedrige Reflektion an und somit kleine Wasser/Eis Tropfen. Gelb ist die nächste Stufe in den größeren Wassermengen und auch Eis vorhanden sein kann. Sowohl durch grün als auch gelb kann man durchfliegen, dies erlaubt Airbus (FCTM) den Piloten. Allerdings versuchen wir nach Möglichkeit auch schon gelb zu vermeiden. Rot ist auch für uns eine Warnfarbe, hier muss man mit großen feuchten Eiskugeln, hoher Wassermenge und Turbulenzen rechnen. Diese versuchen wir immer zu vermeiden. Das ganze kann nur noch durch die Farbe Magenta getoppt werden. In der Regel erscheint dies nur bei sehr starken Turbulenzen mit einem Wasseranteil. Turbulenzen können nicht angezeigt werden, da es sich nur um bewegende Luftmassen handelt die nicht reflektieren. Befindet sich aber ein ausreichender Wasseranteil in dieser bewegten Masse dann kann das Radar dies wiederum wahrnehmen.
Bei den neuen Airbusradaren (meistens in den NEO Flugzeugen verbaut) gibt es tatsächlich Symbole die dem Piloten helfen sollen die Gefahr besser einzuordnen. Dort gibt es auch das Symbol „Hagel (Nr.3)“ (Gewitter Nr.2).
Allerdings muss ich aus meiner eigenen Erfahrung sagen, dass die Symbole nicht immer richtig sind und man es mit Vorsicht genießen muss.
Bildschirme (!):
Beim Lesen der Texte und Betrachtung des Cockpitfotos (
https://files.mastodon.social/media_attachments/files/112/591/774/436/643/634/original/708092f9c0fee282.png) ist mir ein Detail aufgefallen was von den Unfallermittlern ganz genau untersucht werden wird, die verbauten Displays. Es gibt grundsätzlich zwei Arten von Displays die man in einem A320 finden kann. Das LCD Display welches uns täglich zu Hause beim Fernseher oder Handy begegnet und dann noch alte Röhrenbildschirme (cathode ray tubes) die man noch aus sehr alten Fernseher kennt und immer noch in älteren Flugzeugen Anwendung finden! Auf dem Cockpitfoto sind meiner Meinung/Deutung nach, Röhrenbildschirme verbaut (auf Grund der Display-Spiegelung meine ich es so zu erkennen).
Falls es sich wirklich um Röhrenbildschirme handelt dann sehe ich hier eine deutliche Fehlerquelle die mir hilft nachzuvollziehen warum sie in die Hagelwolke hineingeflogen sind.
Man muss wissen, dass auf den alten Röhrenbildschirmen die Wetterdarstellung (aber auch Terrain) teilweise sehr schlecht sein kann. Bei starker Bewölkung ist es teilweise unmöglich eine genaue Analyse zu machen da die Darstellung unglaublich schlecht und blass ist. Da kann ich schon verstehen das man so eine, unter Umständen auch noch trockene, Hagelwolke übersieht.
Hier mal zwei Fotos wie eine Gewitterzelle in echt ausschaut und wie sie uns dann auf einem LCD Display (!) angezeigt wird. Leider habe ich jetzt kein Foto wie das bei einem Röhrenbildschirm ausschaut. Vielleicht kann einer der Kollegen hier noch was nachreichen? Ansonsten mache ich mal bei Gelegenheit ein Foto davon und reiche es hier nach.